Oder: Warum Gleichberechtigung keine Labels braucht
„Emanzipation war für mich so selbstverständlich wie Wasser aus der Leitung.“
Ich bin Ossi. Meine Mutter war alleinerziehend, arbeitete im Akkord. Ich habe mit meinem Bruder und seinen Freunden gespielt, ohne jemals das Gefühl zu haben, als Mädchen anderen Regeln folgen zu müssen.
Für mich war Emanzipation selbstverständlich, genauso wie fließendes Wasser. Und wie Wasser aus der Leitung ein Luxus ist, ist mir heute bewusst, dass diese Selbstverständlichkeit nicht überall gilt.
Damals dachte ich: Wofür kämpfen Feministinnen überhaupt? Wir sind doch längst gleichberechtigt. Heute weiß ich, wie naiv ich war.
Und du? Wann hast du das letzte Mal gedacht, wir wären längst am Ziel?
„Feminismus ist für mich mehr als ein Wort.“
Feminismus ist nicht nur eine Frauenbewegung. Es ist keine Frage von biologischen Geschlechtern, Herkunft, sexuellen Orientierungen oder Behinderungen. Für mich geht es um etwas viel Grundlegenderes: die Gleichstellung und Anerkennung persönlicher Eigenschaften und Fähigkeiten.
Eigenschaften wie Kompetenz, Empathie, Analysefähigkeit oder Detailgenauigkeit kennen keine Grenzen. Warum sollte also Feminismus welche haben?
Und mal ehrlich: Warum diskutieren wir immer noch darüber, ob Frauen genauso gut sein können wie Männer? Können wir uns auf das Wichtige konzentrieren?
Es geht darum, die Vielfalt menschlicher Erfahrungen und Potenziale zu sehen – und Diskriminierung zu überwinden. Es geht darum, dass Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Herkunft, einer Behinderung oder anderen Merkmalen die gleichen Chancen und Rechte haben.
„Anonyme Bewerbungen: Ein Schritt zur echten Gleichberechtigung.“
Diese Gleichberechtigung beginnt bei grundlegenden Strukturen, die oft unterschätzt werden. Ein gutes Beispiel dafür sind Bewerbungen: Wie oft wird jemand aufgrund von Geschlecht, Herkunft, Alter oder einer Behinderung aussortiert, bevor ihre*seine Kompetenz überhaupt geprüft wurde?
Für mich sollte eine Bewerbung keine Hinweise auf Geschlecht, Alter, Herkunft, Behinderung oder Namen enthalten. Warum? Weil all diese Informationen nichts über Kompetenz oder Potenzial aussagen.
Stell dir vor, eine Bewerbung besteht nur aus den Dingen, die wirklich zählen: Fähigkeiten, Erfahrungen, Visionen. Kein Geschlecht. Kein Foto. Kein Name. Keine Schubladen. Nur die Frage: Was kann diese Person einbringen?
Es klingt revolutionär? Vielleicht. Aber Revolutionen beginnen nicht mit großen Gesten. Sie beginnen mit kleinen, stillen Schritten – und Menschen wie dir.
„Ich habe einen Traum.“
Ich träume von einer Welt, in der niemand Angst haben muss, nicht genug zu sein. In der es keine Outings gibt, weil Individualität eine Selbstverständlichkeit ist.
Ich träume von einer Welt, in der es keine Schubladen mehr gibt. In der Frauen genauso frei sein können wie Männer, Männer genauso verletzlich wie Frauen. In der wir uns nicht rechtfertigen müssen für das, was wir sind.
Ich träume von einer Welt, in der Herkunft keine Rolle spielt. In der jedes Kind, unabhängig vom Elternhaus, die gleichen Chancen hat, zu lernen, zu wachsen, zu träumen.
Ich träume von einer Welt, in der Menschen mit Behinderungen nicht mehr Barrieren überwinden müssen, sondern als gleichwertiger Teil der Gesellschaft gesehen werden.
Und ich träume davon, dass wir diesen Traum teilen. Denn Träume sind mächtig, wenn wir sie gemeinsam träumen.
„Jeder sollte seine eigenen Vorurteile hinterfragen.“
Damit dieser Traum Realität werden kann, müssen wir zuerst uns selbst betrachten. Es ist leicht, die Schuld bei anderen zu suchen – der Gesellschaft, „den Männern“, „den Feminist:innen“. Doch oft tragen wir selbst unbewusste Vorurteile in uns.
Wann hast du das letzte Mal jemanden in eine Schublade gesteckt?
Wahre Gleichberechtigung beginnt mit Reflexion:
- Welche Vorurteile trage ich in mir?
- Wo stecke ich andere in Schubladen?
- Wie kann ich Perspektiven einnehmen, die mir fremd erscheinen?
Und hier kommt das Gute: Du bist nicht allein. Wir alle haben Vorurteile. Aber wir alle können lernen. Gemeinsam.
„Warum ich trotzdem Feministin bin.“
Auch wenn ich mich mit dem Begriff schwer tue, bin ich es in meinem Handeln und in meinen Überzeugungen. Feminismus ist für mich kein Label, sondern ein Prinzip. Es geht um Respekt, um Gerechtigkeit, um Chancengleichheit.
Vielleicht bin ich keine Feministin im klassischen Sinne. Aber ich bin eine Kämpferin für Gerechtigkeit – und dafür, dass Menschen nicht auf Kategorien reduziert werden, sondern auf ihre Fähigkeiten, Träume und ihren Charakter.
Und du? Bist du bereit, mit mir an dieser Welt zu arbeiten? Denn Gleichberechtigung ist kein Ziel, das wir irgendwann erreichen. Es ist ein Weg. Ein Weg, den wir gemeinsam gehen – jeden Tag.
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